Montag, 21. Dezember 2015

Adventskalender Tag 21/21. Dezember


Heute war es soweit. Der Ball. Wir hatten heute keinen Unterricht, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren und jeder musste helfen. Ich verbrachte einen Teil des Morgens allein zuhause, wir wurden in Schichten eingeteilt, damit wir uns nicht alle gegenseitig störten. Aoi half beim Aufbau und war dementsprechend ehr losgezogen, während die meisten Mädchen die Deko übernahmen. Das Schülerkomitee übernahm die Organisation und damit die Verantwortung, dass alles am richtigen Platz stand. Ich war gerade aufgestanden, mein Kleid für heute Abend hing an meinem Schrank. Zusammen mit Schuhen, die ich mir auch nur mit viel zuspruch von Aoi zutraute. Sie hatten nicht viel Absatz, aber ich trug selten solche Schuhe, ja eigentlich nie. Ich sah auf die Uhr, mir war langweilig. Ich konnte genauso gut jetzt schon gehen und irgendwo mit anpacken, anstatt hier dumm rumzusitzen. In der Nacht hatte es wieder geschneit und es war glatt. Ich erkannte sogar Aois Fußspuren im Schnee. An der Schule angekommen, sah ich einige Schüler mit Dingen durch die Gegend rennen, meist Tische oder Bühnenteile... Sie waren im Verzug, dadurch würde sich alles nachhinten verschieben und der Zeitpuffer zwischen Vorbereitung und Ball kleiner werden. Akane würde schreien, schließlich hatte sie eine Stunde weniger für ihr Make-up, unverzeihlich. Der Ball fand in der Schuleigenen Sporthalle statt. Als ich die Halle betrat, kam mir schon Aoi entgegen, zusammen mit Yato. Sie schienen ihr Wort, ihn nicht alleine zu lassen echt zu halten.
"Scheiße, Ayane? Ist es echt schon so spät? Wir werden nie fertig!", fluchte Aoi.
"Auch einen wunderschönen guten Morgen Aoi! Ich bin früher gekommen, weil mir zuhause langweilig war. Aber in Verzug seid ihr trotzdem.", ich lächelte.
Aoi sah mich verlegen an: "Tut mir leid, aber heute läuft alles schief. Der Bühnenaufbau hat noch nicht mal angefangen, dabei sollten die schon längst bei der Technik sein. Und Yusuru hat nichts besseres zu tun, als mich die Getränke schleppen zu lassen."
Ich lugte auf die Kiste, die Aoi in der Hand hielt. "Warum wundert es mich nicht, dass gerade DU für den Alkohol verantwortlich bist?", ich grinste.
Aoi hielt mir den Mund zu:" Ey leise, die Lehrer dürfen das nicht mitbekommen. Alkohol darf nur an die Oberstufe ausgeschenkt werden, daher sollten wir eigentlich auch gar keinen besorgen. Schließlich sind auch die unteren Stufen anwesend."
Das war typisch Aoi, für solche Aktionen war er immer zu haben.
"Wenn du helfen willst, solltest du Yusuru suchen, die müsste eigentlich in der Halle sein. Das Organisationsteam hat sie mit eingespannt, weil Yusuru in der Organisation von Dingen immer aufblüht.", Yato lachte, "Wir müssen dann auch mal weiter, weil diese Kisten erstmal ordentlich wiegen und wenn wir einem Lehrer in die Arme laufen, sind wir dran. Und in Mathe haben wir ja bereits gelernt, mit wachsender Minutenanzahl, steigt auch die Wahrscheinlichkeit."
Ich ließ sie gehen, damit sie die Kisten endlich loswurden und setzte meinen Weg fort. Ich sah Yusuru schon von weitem. So kannte ich sie gar nicht, sie kommandierte die Leute von links nach rechts und scheute es auch nicht rumzuschreien, sie war das komplette Gegenteil von ihrem eigentlichen Charakter. Ich lief zu ihr hin, sie bemerkte mich zunächst gar nicht, bis ich sie antippte.
"Ayane, gut das du hier bist, wir können jede Hilfe gebrauchen. Also wir brauchen schon mal Leute für die Getränkeausgabe, die die Gläser sortieren. Tut mir leid, dass ich grade dir diese unschöne Aufgabe aufbrummen muss, aber wir sind zu wenig Leute hier und die zweite Schicht kommt erst in einer dreiviertel Stunde. Außerdem schleppen Aoi und Yato die Getränke Kisten, das heißt, ihr lauft euch immer mal wieder über den Weg. Der Alkohol kommt in die unteren Fächer, der Rest bitte sortiert oben drüber. Eis in die Truhe. Gläser bitte nach Form sortieren und falls du gerissene oder zerbrochene findest natürlich aussortieren.", sie lächelte, dann drehte sie sich um und schien etwas zu sehen, was ihr nicht gefiel, "Ey! Die Bühne sollte schon mittig stehen! Und seht zu, dass ihr endlich fertig werdet, ihr trödelt schon die ganze Zeit, so werden wir nie fertig!"
Wenn ich die Halle so sah, wurden wir sowieso nie rechtzeitig fertig, egal wie viel Mühe Yusuru und die Anderen sich gaben. Ich begab mich zum Getränkestand in der Ecke. Die Kisten mit den Gläsern lachten mir fröhlich entgegen. Yato und Aoi brachten immer mal wieder neue Getränkekisten, bis sie nichts mehr hatten. Und auch ich war ziemlich froh, als ich so ziemlich alles Gläser zu Yusurus Zufriedenheit sortiert und passend hingestellt hatte, so das der Standdienst heute Abend keine Arbeit mehr damit hatte. Doch das war nicht alles, Yusuru plante mich sofort weiter ein: "Ayane, wenn du die Gläser fertig hast, hängst du dann bitte die Eiszapfen auf und die Schneeflocken auch? Die ganze obere Wand hinter der Bühne bitte."
Ich machte mit der Hand ein "Okay" Zeichen und begab mich auf die andere Seite der Halle um Kopfgroße Plastikeiszapfen und Oberkörpergroße Schneeflocken an die Decke zu hängen. Ich fühlte mich auf der Leiter alles andere als sicher, jedoch gewöhnte ich mich nach einer Zeit an das wackelige Gefühl. Ich unterhielt mich derweil mit den Jungs, die unter der Bühne hockten um die Kabel möglichst elegant und ohne Stolperfallen zu verstecken. Und dann kam sie , Akane, die wohl letzte Person, die wir bei den Vorbereitungen gebrauchen konnten.
"Ayane, warum hängen die Eiszapfen da so unregelmäßig, das sieht total dämlich aus!", maulte sie rum. Das war typisch, sie war weder im Organisationsteam, noch hatte sie schon irgendwo geholfen, aber mir musste sie wieder sagen, was ihr nicht passte.
"Akane, hast du schon mal geordnete Eiszapfen gesehen? Ich weiß ja nicht wie es bei euch zuhause ist, aber bei mir zuhause ordnen sich die Eiszapfen an der Dachrinne ja immer nach Größe, Schönheit und Dicke!", ich wusste, dass ich Probleme mit ihrer Gefolgschaft bekam, wenn ich sie provozierte, noch dazu war es nicht die beste Idee, wenn man oben auf einer Leiter stand, aber ich konnte nicht anders... Sie ging mir auf die Nerven. Von den Jungs unten kam nur ein lachen, woraufhin Akane ihren Schuh unter die Bühne kickte. "Aua!", einer der Jungs hielt sich den Kopf, als er unter der Bühne hervorkam, als er dann Akane musterte, fing er an zu grinsen.
"Was grinst du denn so dämlich?", fuhr Akane ihn an.
"Ist Zebra jetzt wieder in?", er deutete auf ihre weiße Hose, die unten mit schwarzem Öl beschmiert wurde.
"Warst du das?", sie sah ihn entsetzt an.
"Ja weißt du, du hast mich ja mit 'nem Fußabtreter verwechselt und da dachte ich einfach, du wärst ein Handtuch, an deiner Stelle würde ich so schnell wie möglich versuchen das wegzumachen. Öl ist hartnäckig!", mehr brauchte er nicht zu sagen, um Akane auf das nächste Klo rennen zu sehen. Nach einer Weile bekam ich Nackenschmerzen vom ständigen hochgucken, so dass ich ziemlich froh war, als ich die letzte Schneeflocke an die Wand hing. Ich stieg von der Leiter und betrachtete mein Werk zufrieden. Perfekt! Ich half noch beim Ausrollen des Teppichs und dem Aufstellen der Boxen, bis Yusuru mich Nachhause schickte.
"Du hast jetzt über 3 Schichten gemacht, geh Nachhause und nehm Yato und Aoi mit, die beiden sind auch schon ewig hier. Das meiste ist geschafft. Wir sehen uns dann heute Abend.", sie umarmte mich zum Abschied. Dann schnappte ich mir Yato und Aoi, die draußen am Eingang standen, weil Aoi eine rauchte und wir traten den Heimweg an. Aoi versprach mir eine halbe Stunde vorher vorbeizukommen. Bis dahin musste ich fertig sein, das Einzige, was ich nicht selber hinbekam, war es das Kleid zu zu schnüren. Ich bereitete mich soweit vor. Ich war kein Fan von Make-up bis zur Unkenntlichkeit und Frisuren, die mehr Haarspray als Haar waren, dennoch gab ich mir reichlich Mühe wenigstens heute Abend mal nicht wie grad aufgestanden zu wirken und war nachher auch ganz zufrieden mit mir. Meine Haare fielen in Wellen über meine Schultern und mein Make-up saß, hoffentlich blieb das auch so. Die restliche Zeit verbrachte ich mit etwas, was in mir leichte Unruhe verursachte. Ich hatte mich lange davor gescheut die Zettelchen zu sortieren, aber ich fühlte  jetzt bereit dazu. Ich sortierte die einen unter "Taemin", die anderen unter "?". Bei manchen schien die Kopie besser und bei anderen schlechter zu sein, aber man sah deutlich, welche Zettel nicht von Taemin kamen:
Du bist niedlich wenn du wütend bist
Morgen 15 Uhr Schulparkplatz, wir sehen uns
Freue mich auf nachher
Kein Problem mein kleiner Engel
Wenn du lieber andere Gesellschaft an deinen Sonntagen wünschst, brauchst du das nur zu sagen
Mon ange
Neben dem Baum im Gebüsch
Damit du nächstes Mal alle anderen in den Schatten stellen kannst
Aoi ist ein Fehler. Vertraue ihm nicht. Er ist falsch mein Engel
Du hast so etwas nicht verdient, mein Engel. Ein wahrer Freund ist immer da
Ich sage es nur einmal. Aoi ist falsch. Er ist der Teufel. Wähle lieber mich. Ich warne dich. Mach keinen scheiß
Ich glaube wir hatten einen schlechten Tag gestern, aber die Wahrheit ist nicht immer angenehm
...
Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass es fast alle waren. Keine einzige böse Nachricht war von Taemin, die letzten Zettel hatte ich gar nicht erst angepinnt und Aois Zettel hatte ich sowieso nicht. Taemin hatte mir die Engelskette geschenkt, aber er hatte mich nie Engel genannt, es gab Tage an denen ich zwei unterschiedliche Briefe hatte. Einen von Taemin und einen vom Stalker. Die Stimmung in den Sätzen des Stalkers sank von Zettel zu Zettel, je weiter Aoi und ich in unserer Beziehung kamen, umso feindseliger wurden sie. Das war doch krank! Ich beschloss die Sache ruhen zu lassen, heute Abend würde es sich ändern. Ich setzte meine Hoffnungen auf Yatos und Taemins Vermutung, dass es heute enden würde. Ich pinnte die Zettel gerade wieder geordnet an, als es klingelte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Aoi sein musste. Lächelnd ließ ich ihn herein. Und nahm ihn für die letzten Minuten noch hoch in mein Zimmer. Ich schnappte mir das Kleid, um mich umziehen zu gehen und rief ihm zu, dass ich die Zettel sortiert hatte. Als ich wieder hereinkam, betrachtete er gerade die Pinnwand.
"Ich bin froh, dass sie nicht alle von Taemin sind, du nicht?", er sah mich an, dann sah er verlegen weg, "Mach das nicht, guck mich nicht so niedlich an, in diesem Kleid... Du machst mich wahnsinnig..."
Ich lächelte:" Ich mache doch gar nichts. Du musst schnüren."
"Hab ich dir schon gesagt, dass du atemberaubend aussiehst?", sagte er leise, während er das Kleid schnürte, dann lachte er, "Nicht atmen! Dann sitzt es nicht richtig."
Auch ich fing an zu lachen:" Hab ich dir schon gesagt, dass du öfter Anzüge tragen solltest?"
"Ich hasse Anzüge, aber ist ja so vorgeschrieben worden. Immer diese dämlichen Dresscodes auf Partys.", nörgelte Aoi.
Zögernd bewegte ich mich, als er fertig war. Es war ungewohnt eng, aber nicht zu eng. Ich kramte meine Schuhe hervor. Schlichte schwarze Pumps mit Absatz, keine High Heels, aber nicht zu unterschätzen. Ich konnte Aoi von meiner Idee einfach Sneaker anzuziehen leider nicht überzeugen...
"Ach ja,du hast Post!", er kramte in seiner Anzugtasche und schmiss mir einen blauen Zettel entgegen. Zögernd öffnete ich ihn: "Vorhang auf für Ayane! Heute gehst du in die Geschichte ein!"
Verwirrt sah ich den Zettel an. Mehr nicht? Worauf sollte das anspielen? Schulterzuckend warf ich das Briefchen auf mein Bett, ich setzte alle Hoffnungen auf den heutigen Abend.
"Mach dir keine Sorgen.", Aoi nahm meine Hand, "Wir packen das schon."
Noch während ich die Tür zuzog, wurde mir kalt. War ja auch kein Wunder, es lag immer noch Schnee und war schon längst dunkel geworden.
"Hier.", Aoi hielt mir sein Jackett hin, "Besser ich friere als du. Außerdem habe ich noch ein langärmliges Hemd an."
Dankend und ohne Protest nahm ich es an. Es war nicht so, dass mir danach nicht mehr kalt war, aber es hielt mich wenigstens ein bisschen warm. Mit dem Klicken seines Feuerzeuges steckte sich Aoi eine Zigarette an. Wir schwiegen, wussten nicht, was uns erwarten würde. Unsere Schritte knirschten im Schnee. Ich hörte Aoi an seiner Zigarette ziehen, lange Zeit die einzigen Geräusche, die ich hörte. Dann wurde es lauter. Wir sahen andere Leute aus unserer Schule. Als ich sie sah versuchte ich mich hinter Aoi zu verstecken.
"Hey, was ist los mit dir?", Aoi lachte.
"Ich kann den ganzen Mädchen doch gar nicht das Wasser reichen...", sagte ich leise und sah weg.
"Hey!", er zwang mich ihn anzusehen, "Hör auf bei mir um Komplimente zu betteln, du hast doch sonst keine Minderwertigkeitskomplexe! Und außerdem bist du das schönste Mädchen, dass ich kenne." Er gab mir einen kurzen Kuss, dann gingen wir weiter. Kein Make-up der Welt konnte verbergen, wie rot ich geworden war. An der Tür bekam jeder einen Zettel mit einer zufälligen Nummer. Die Nummer war für die Wahl, damit niemand doppelt wählen oder manipulieren konnte, bekam jeder eine zufällige Zahl, die er auf seinem Wahlzettel angeben musste. Wir betraten die Halle und es war umwerfend. Die restlichen Schüler hatten noch ordentliche Arbeit geleistet. Die Sporthalle war nicht wiederzuerkennen. Überall glitzerte etwas, alles wirkte winterlich, die Tribüne war komplett mit langen, blauen Vorhängen verdeckt worden. Ich wusste nicht, wie lange ich die Dekoration anstarrte, bis Aoi mich aus meiner Starre riss, weil er einfach weiterging. Yusuru winkte, sie stand fast direkt vor der Bühne, ihr langes, pinkes Kleid, unterstrich ihr mädchenhaftes Aussehen, ihre Haare waren gelockt. Wir gingen zu ihr.
"Ayane!", sie sah mich begeistert an, "Das Kleid ist wunderschön. Es passt zu dir."
Nach einer Weile gesellte sich auch Yato zu uns und zuletzt Taemin. Er trug ein Namensschild.
Ich laß vor: "Academy of Stage art and Dancing, Modern Dance Team, Taemin"
"Das ist viel zu lang für ein Namensschild...", sagte ich.
"Ich bin ja auch eigentlich nicht zum Spaß hier, sondern von der Schule aus, wir sind hier die Tanzpartner für alle, die keinen haben. Trotzdem hätte ein einfaches "Taemin" auch gereicht. Immer diese Eigenwerbung...", meckerte Taemin rum.
"Modern Dance Team?", ich sah ihn fragend an.
"Ab dem dritten Jahr können wir uns für eine Richtung entscheiden. Modern oder Klassisch, du lernst weiterhin beides, aber halt mit Schwerpunkt auf eines der beiden Dinge. Und wie man lesen kann, hab ich ich mich für modern entschieden. Aber irgendwo hier rennt auch das Classic Team rum.", erklärte er.
Von der Bühne hinter uns ertönte ein Knacken. Das Mikro war in Betrieb genommen worden.
Ich drehte mich um, am Mikrofon stand unsere Schülersprecherin, sie trug ein mittellanges, Cremefarbenes Kleid zu ihren glatten, braunen Haaren.
"Wir heißen alle Schülerinnen und Schüler herzlich willkommen zu unserem jährlichen Winterball!", rief sie und hatte die gesamte Aufmerksamkeit der Menge.
"Dieses Jahr findet auf Wunsch der Schülerschaft wieder eine Wahl statt, jedoch haben wir uns eure Kritik zu Herzen genommen und am Wahlsystem etwas verändert. Da es in den letzten Jahren durch die separate Wahl einer Königin und eines Königs immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Paaren gekommen ist, haben wir nun die Wahl eines Ballpaars eingeführt, gewählt werden also alle Paare oder auch einfach Freund und Freundin, die sich vorher haben eintragen lassen oder von jemandem eingetragen wurden. Nach dieser Ansprache wird die Liste aller Paare an die Wand hinter mir projiziert, damit ihr immer den Überblick habt, wer alles teilnimmt. Voten könnt ihr ebenfalls nach dieser Ansprache, nutzt dazu eure Kennnummer, die ihr am Eingang erhalten habt. Jede Nummer wird nur einmal zugelassen. Wird eine Nummer doppelt belegt, wird sie nicht mehr gezählt. Die Zettel könnt ihr hinten im Geräteraum abgeben, dort sitzen die Schüler, die sich mit der Auszählung der Stimmen beschäftigen. Soviel dazu. Dann haben wir heute Ehrengäste, von der Academy of Stage Art and Dancing, diese werden allen, die alleine hergekommen sind, eine fähige Tanzbegleitung sein und stehen stets zu eurer Verfügung. Erkennen könnt ihr sie am Namensschild. Das war es von unserer Seite. Im Namen des Schülerkomitees wünsche ich euch einen schönen Winterball. Wir treffen uns dann nachher um 23 Uhr wieder hier zur Verkündung unseres Ballpaares.", als sie ihren Vortrag beendet hatte, stieg sie vorsichtig von der Bühne und mischte sich unter die Menge.
"Hey Taem!", ein riesiger dunkelhaariger Junge erschien hinter Taemin, es war derselbe, dem Taemin damals einen Zettel geliehen hatte.
"Oh, hey Tiger, ich wusste gar nicht, dass du hier bist.", er sah ihn verwundert an.
"Bin zu spät gekommen, wie immer... Ich suche eigentlich Leute von dieser Schule, die mir sagen können, ob Frau Schülersprecherin 'nen Freund hat. Weiß das wer?", er grinste. Er war fast zwei Köpfe größer als Taemin und der war ungefähr so groß wie ich.
"Soweit ich weiß hat sie keinen Freund, aber sie erzählt nicht viel von ihrem Privatleben...", sagte Yusuru leise.
"Yeah, vielen Dank!", rief Tiger und verschwand in der Menge. Yusuru starrte ihm traurig hinterher. Ich wedelte mit meiner Hand vor ihrem Gesicht rum: "Erde an Yusuru. Warum glotzt Raumschiff Yusuru dem unbekannten Raumschiff mit absurdem Namen Tiger so traurig hinterher? Bitte melden!"
"Oh.", sie sah mich verlegen an, "Der war ja schon irgendwie cool..." Ihre Wangen liefen zartrosa an und sie fummelte sich in den Haaren rum.
"Ja dann hinterher! Übernehme das unbekannte Raumschiff!", grinste ich.
"Aber er will doch die Schülersprecherin...", stammelte Yusuru.
"Ach, Tiger kann man manchmal nicht für voll nehmen, wenn er ein Mädchen sieht, das ihn beeindruckt, dann kann er sich 'ne ganze Menge einbilden, ohne jemals mit ihr gesprochen zu haben.", lachte Taemin, dann hielt er Yusuru seine Hand hin, "Komm, wir suchen ihn, dann fragst du ihn, ob er mit dir tanzt und anschließend schauen wir, was sich zwischen euch beiden machen lässt."
Ohne auf ihre Antwort zu warten, zog Taemin die etwas entsetzt dreinblickende Yusuru hinter sich her und verschwand in dieselbe Richtung wie Tiger.
"Arme Yusuru", grinste ich, "Da hätte sie jetzt wohl nicht mit gerechnet."
Yato zuckte mit den Schultern. "Manchmal muss man Menschen zu ihren Glück zwingen.", er sah erst mich und dann Aoi an. Ich warf einen Blick auf die nominierten Paare für die Wahl: "Akane ist gar nicht dabei..."
"Nein, sie hat im Moment keinen Freund.", sagte Aoi ziemlich überzeugt.
"Woher weißt'n das so genau?", Yato sprach das aus, was ich dachte.
"Hey Ayane!", wenn man vom Teufel sprach...
"Da kommt Ärger...", flüsterte ich genervt.
"Hallo Ak-", der Rest bleib mir im Hals stecken. Vor mir stand eine Akane in einem schwarzen Kleid mit aufgestickten dunkelroten Steinchen. Mein altes Kleid... Darauf fiel mir nichts mehr ein.
"Schönes Kleid, Akane.", sagte Aoi, gespielt freundlich, er meinte das nicht ernst, ich wusste es einfach.
"Danke...Aoi!", sie sprach seinen Namen anders aus, komisch, ich verstand es nicht. Ich verstand gar nichts mehr.
Akane musterte mich mit ihrem typisch prüfenden Blick, verzog keine Miene. Dann lächelte sie Aoi an: "Tanzt du mit mir Aoi? Ayane kann doch bestimmt gar nicht tanzen oder?" Was war das denn jetzt?! Nicht nur das sie dieses Kleid anhatte, jetzt wollte sie mir den Freund auspannen?! Das wurde ja immer besser!
"Such' dir 'nen eigenen Freund!", schnauzte ich sie beleidigt an.
"Hab ich doch!", sie lächelte gemein, "Und nichts in der Welt wird mich davon abbringen ihn auch zu bekommen!" Irgendeine Sicherung in mir knallte durch und ich klatschte Akane eine, so heftig, dass sie fast stolperte. Ihr Blick wurde glasig. Sie riss sich zusammen um nicht zu heulen. Sie schien mit sich selbst zu kämpfen, dann drehte sie auf dem Absatz und ging.
"Yato, ich muss mal kurz mit Ayane reden.", rief Aoi und zog mich nach draußen. Nun standen wir vor der Tür und froren uns den Arsch ab.
"Scheiße man!", rief Aoi, während er die Gelegenheit nutzte um sich eine Zigarette anzuzünden.
"Ayane... Hör zu, ich weiß wer der Stalker ist.", sagte er, während er sich langsam beruhigte, "Ich wusste es vorher nicht, aber eben ist es mir klar geworden, das Ganze hier ist meine Schuld. Du hast damit eigentlich gar nichts zu tun..."
"Hä was?", ich hatte eine Vermutung, wen er meinte, doch so recht glauben wollte ich es nicht.
"Akane... Damals, als wir an der Mauer standen, meinte sie, dass sie mich sehr mag. Von Liebe will ich im Zusammenhang mit Akane mal nicht anfangen, aber sie meinte, dass sie mich mag. Nur weißt du ja, dass Akane ein sehr schwieriger Mensch ist. Eine Beziehung mit ihr konnte und wollte ich mir nicht vorstellen und dann warst du ja auch noch da... Ich habe ihr also einen Korb gegeben. Allerdings ist Akane ein Mensch, der immer das bekommt, was er will, wirklich immer...", ich konnte mich an das Gespräch erinnern. Es klang bis hier hin logisch, aber der Rest wollte für mich keinen Sinn ergeben.
"Aber warum soll Ayane mir Botschaften schreiben, wie gern sie mich hat und wenn sie dich doch mag, warum sollte sie dich 'ne Treppe runterstoßen?", fragte ich zweifelnd.
"Weil du das bekommen hast, was sie haben wollte. Ich denke, erst wollte sie dich dazu bringen gar nicht erst mit mir zusammen zu kommen, weil es ja den mysteriösen Typen gibt, der dich mag. Und als sie gemerkt hat, dass ihr Plan nicht funktioniert, hat sie mich bedroht, damit du zu meinem Schutz Schluss machst. Zumindest denke ich es mir so. Wenn man es hart betrachtet, könnte man auch sagen, dass sie denkt, wenn sie mich nicht haben darf, dann keiner. Aber ich glaube nicht, dass sie so eine ist.", er sah mich traurig an, "Ayane, das ist alles meine Schuld... Es tut mir Leid..."
"Warte!", sagte ich etwas lauter als beabsichtigt, "Warum das Kleid? Ich meine, das mit der Größe würde bei ihr schnell Sinn machen, weil sie meine Größe im Sportunterricht locker hätte herausfinden können, aber warum schenkt sie mir ein Kleid und sagt mir, ich werde alle in den Schatten stellen?"
"Weil sie dir das Gefühl geben wollte, dass du es unbedingt anziehen musst. Sie hatte wahrscheinlich von Anfang an geplant, dasselbe Kleid zu tragen und dich als Nachahmerin darzustellen. Du hättest ziemlich dumm da gestanden, denkst du nicht?", Aoi warf seine Kippe auf den Boden, "Weißt du... Ich kann verstehen, wenn du nicht mehr mit mir zusammen sein willst. Ehrlich, du musst dir keine Vorwürfe machen..."
"Du hast einen an der Waffel!", meckerte ich und schnipste ihm gegen die Stirn, "Wenn hier einer Mist gebaut hat, dann ja wohl Akane! Als ob ich dich sitzen lasse, dann hat sie ja ihr Ziel erreicht! Ehrlich gesagt finde ich es gar nicht schlimm, dass sie die Stalkerin ist, ich mochte sie noch nie."
Auf eine weibliche Person wäre ich nie gekommen, ich hatte immer gedacht, dass jemand männliches dahintersteckte. Die Nachrichten waren auch nicht geschrieben, als kämen sie von einem Mädchen... Akane war wohl doch nicht so blöd, wie wir alle dachten...
"Was machen wir jetzt?", fragte ich, die Anspannung, der letzten Tage war weg, das Geheimnis um den Stalker schien gelüftet. Und doch wollte ich die letzten drei Wochen nicht missen, sie hatten mich und Aoi zusammen gebracht. Es war nicht einfach, doch es hatte uns zusammen geschweißt.
"Ich denke um Akane kümmern wir uns später!",er fing an zu lächeln, " Wir sind hier um Spaß zu haben, außerdem müssen wir die Ballwahl gewinnen! Irgendjemand hat uns vorgeschlagen, wir stehen auf der Liste für die Nominierungen."
Es schien keine schlechte Idee zu sein. Wir konnten ja sowieso nichts an der Situation ändern... Also gingen wir wieder hinein. Ich entdeckte Yusuru. Sie tanzte mit Tiger, die beiden schienen sich gut zu verstehen. Yusurus Blick fiel auf mich. Ich zeigte ihr einen Daumen hoch und sie lächelte.
"Komm wir gesellen uns zu ihnen auf die Tanzfläche.", Taemin tauchte vor mir auf.
"Projekt Yusuru und Tiger scheint ziemlich erfolgreich zu sein. Die beiden haben eben zu einer Ballade gekuschelt und sie kennen sich gerade etwas länger als 'ne halbe Stunde!", er grinste.
Aoi sah mich an und lächelte: "Geh ruhig mit Taemin tanzen, von mir kannst du das nicht erwarten, also nutze die Chance. Ich gehe unsere Erkenntnisse mal mit Yato teilen."
Mit diesen Worten ließ er mich mit Taemin allein. Dieser zog mich begeistert auf die Tanzfläche.
"Mache einfach das, was ich dir sage und bleibe im Takt, dann kann gar nichts passieren.", er lächelte.
Taemin wartete, bis ein neues Lied angespielt wurde und gab mir Kommandos wie "Links", "Zurück" oder "Drehung". Ich hatte noch nie in meinem Leben getanzt und es war anstrengend sich auf seine Kommandos zu konzentrieren, gerade wenn das Lied schneller wurde. Nach dreieinhalb Minuten hatte ich es endlich hinter mir. Ich atmete auf. Natürlich war es nur improvisiert und normalerweise lernte man Tänze richtig Schritt für Schritt, aber trotzdem war es absolut nicht mein Ding.
"So schlimm?", Taemin lachte, "Du hast dich echt gut angestellt, du könntest bestimmt gut tanzen, wenn du Unterricht nehmen würdest."
Ich schüttelte den Kopf: "Den Part überlasse ich lieber dir und Tiger, falls das überhaupt sein richtiger Name ist."
"Eigentlich heißt er Julien, aber er fand das uncool.", er lachte, "Wir haben doch alle unsere Macken, ich renne immer mit Halstuch durch die Gegend und er nennt sich Tiger."
Schnell fanden wir Aoi und Yato wieder. Taemin machte sich auf den Weg um Tanzpartner für Singles zu spielen und Julien und Yusuru hangen aneinander wie festgeklebt. Ich konnte Yusuru ansehen, dass sie glücklich war und ich freute mich mit ihr. Am Ende des Abends wurde das Königspärchen und ein offizielles Ranking verkündet. Aoi und ich hatten uns nicht schlecht geschlagen, wir waren immer hin in der Top 5, aber es war mir nie wichtig gewesen diese Wahl zu gewinnen. Ich schwörte nicht auf so oberflächliche Dinge und ob ich unbedingt eingerahmt in der Eingangshalle unserer Schule hängen wollte, bezweifelte ich auch. Danach war der Ball zuende und mit ihm ein ereignisreicher Abend. Die Leute, die für den Abbau zuständig waren blieben, der Rest machte sich auf den Weg nachhause.
Aoi brachte mich zurück, doch so recht verabschieden, wollte wir uns beide nicht, deshalb schmuggelte ich ihn in mein Zimmer hinein und er blieb die Nacht bei mir. Wie er es damals getan hatte, als ich Angst vor meinem Stalker hatte. Angst vor Akane... Ich schlief in seinen Armen ein...

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