Mittwoch, 9. Dezember 2015

Adventskalender Tag 9/9. Dezember


Am nächsten Morgen stand ich extra früh auf. Schlitterte möglichst gekonnt ein bisschen von unserem Haus weg und legte mich auf die Lauer. Nach dem Desaster von gestern würde Aoi wohl kaum auf mich warten, deshalb wartete ich auf ihn und fror mir hinter diesem scheiß Baum noch den Arsch ab. Ich wartete ca. 20 Minuten, als Aoi langsam aus seinem Haus geschlurft kam. Er tippte auf seinem Handy rum und mir fiel ein, dass ich seine Nummer gar nicht hatte. Ich saß auch nicht viel am Handy, aber ich konnte ihn ja trotzdem mal fragen... Ich wartete, bis Aoi vorbei gelaufen war und tat so, als wäre ich gerade aus dem Haus gekommen.
"Hey Aoi!", rief ich.
Ruckartig drehte er sich zu mir um: "Was machst du denn hier? Müsstest du nicht längst weg sein?"
"Ich hab auf dich gewartet...", mir gefiel Aois Wortwahl nicht, er klang so, als wenn er mich loswerden wollte.
"Ayane falls du wieder von Sonntag anfangen willst, lass es einfach! Ich will mit dir da nicht drüber reden und auch nicht diskutieren warum nicht!", blaffte er mich an. Mir trieb es fast die Tränen in die Augen, doch ich blieb hartnäckig.
"Was läuft da eigentlich zwischen dir und Akane?", ich verschränkte die Arme.
"Nichts, Ayane, hör auf dich überall einzumischen. Es nervt, dass du überall deine neugierige Nase reinsteckst.", er wurde einen Schritt schneller.
"Ach ja? Du hättest mir vielleicht vorher sagen können, dass ich dir zu nervig bin! Dann hätte dein verhasster Sonntag nie stattgefunden und ich hätte nie ansatzweise auch nur angefangen dich zu mögen. Aber mach ruhig weiter alles kaputt, ich kanns ja verkraften!", schrie ich. Und mittlerweile liefen auch Tränen mein Gesicht hinab. Ich hörte Aoi laut atmen und dann drehte er sich um.
"Ayane, so ist das doch alles gar nicht...", sagte er.
"Ach nein?! Wie denn dann? Bist du mit Akane zusammen oder was? Wahrscheinlich läuft da was und ich bin zu blöd um es zu merken und du traust dich nicht es mir zu sagen oder? Verkauft mich doch ruhig alle für dumm!", mit diesen Worten rannte ich diesmal weg, wenn ich dieses Tempo beibehielt, würde ich sogar noch pünktlich kommen. Ich hielt das Tempo nicht, ich war nicht sehr sportlich und hatte keine Ausdauer, deshalb war es mir dann auch egal und ich lief betont langsam um meine Augen wieder einigermaßen normal aussehen zu lassen. Als ich schließlich den Unterricht betrat, sah ich zwar nicht besser aus, hatte aber das Diktat verpasst. Ich merkte wie alle mich anstarrten, während unsere Deutschlehrerin meine Verspätung notierte. Als sie sich danach wieder dem Unterricht zuwandte, lagen fast alle Blicke wieder auf ihr, nur Yatos nicht. Sein Blick lag unbeirrt weiterhin auf mir.
Dann meldete er sich und wurde natürlich, wie immer, sofort drangenommen.
"Dürfte ich draußen kurz mit Ayane reden? Ihr scheint es nicht gut zu gehen.", meine Mitschüler sahen ihn überrascht an. Der Prinz unterhielt sich mit mir. Unsere Deutschlehrerin nickte. Yato gab mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen solle und so lief ich hinter ihm her nach draußen.
"Also Ayane, was ist los?", er ließ sich auf eine der Bänke vor dem Klassenraum fallen. Ich war mir nicht sicher, ob ich es ihm erzählen sollte.
"Hmm okay, ich rate... Aoi!", er sah mich erwartungsvoll an, doch ich nickte nur.
"Mein Bruder schafft es echt als einziger dich so aus der Fassung zu bringen.", er kicherte, "Hör mir zu, wir kennen uns noch nicht lange und ich glaube, dass wir auch nicht den besten Start hatten, aber Aoi kannst du im Moment nicht für voll nehmen. Er benimmt sich wie der letzte Idiot, seit er mit Akane rumhängt."
Wieder nickte ich nur. Mir fiel einfach keine passende Antwort darauf ein.
"Ich weiß, dass dich das wahrscheinlich nicht tröstet, aber lass Aoi einfach machen, irgendwann kapiert er, was für einen Mist er angestellt hat und dann wird es wieder besser. Aoi hatte schon immer solche Phasen.", und dann tat Yato etwas, was ich nie erwartet hätte. Er nahm mich in den Arm. Es fühlte sich gut an, jemanden zu haben, der das mit Aoi verstand, auch ohne Worte.
"Komm, unsere Lehrerin dreht gleich am Rad, wenn wir alles verpassen.", er zog mich an der Hand hoch.
"Lass den Kopf nicht hängen, nach einem Gewitter kommt auch irgendwann wieder Sonne.", er grinste, "Und Schmetterlinge... Und Blümchen..." Ich lief augenblicklich rot an. Aber ich fühlte mich besser. Ich schaffte es mich halbwegs zu konzentrieren und für die anstehende Deutscharbeit zu lernen. In der Pause war meine Laune ein wenig besser. Ich musste keine Bücher ablegen, aber ich war auf Zetteljagd in meinem Schließfach und wurde fündig "Du hast so etwas nicht verdient, mein Engel. Ein wahrer Freund ist immer da" Fand nur ich diese Worte ironisch, dieses "immer da" stand bedrohlich auf dem Zettel und führte mir vor Augen, sass ich diese Sache vielleicht ein wenig zu leicht nahm...
"Hey Ayane!", Yusuru umarmte mich von hinten.
"Hey!", ich drehte mich zu ihr um und ließ den Zettel in meiner Tasche verschwinden.
"Hast du schon gehört? Der Termin für den Winterball wurde angesagt.", ihre Augen glänzten. Der Winterball, jedes Jahr organisierte die Schülervertretung einen Winterball, der so ziemlich jedes amerikanische Teenie Klischee erfüllte, dass es gab. Tanzen mit dem Freund und Wahl der Ballkönigin und des Ballkönigs. Ich war noch nicht lange auf dieser Schule, aber der Winterball war mindestens seit Anfang Dezember Akanes Lieblinsthema...
"Yusuru, ich war das letzte Mal vor zwei oder drei Jahren auf einem Ball und ich habs nicht bereut die letzten Jahre nicht hingegangen zu sein.", meine Freude hielt sich in Grenzen. Ich konnte nicht tanzen und fand dieses ganze TamTam um das perfekte Ballkleid total übertrieben.
"Wie du willst, aber du verpasst etwas. Die Schülervertretung ist noch bei der Entscheidung, ob dieses Jahr Damen- oder Herrenwahl ist. Ich hoffe ja auf Herrenwahl das ist immer total interessant, wenn man sieht, wer auf wen steht...", sie war total begeistert, "Aber du musst mit mir ein Kleid kaufen gehen, alleine kann ich das nicht!" Hatte ich es nicht eben gesagt? Ballkleider kaufen war wohl die nervigste Tätigkeit, die ich mir vorstellen konnte... Und dann fiel es mir ein. Ich hatte ja bereits ein Kleid. Jetzt machte auch die Nachricht einen Sinn. Ich sollte das Kleid beim Winterball tragen und Ballkönigin werden. Ich schätzte, der Zettelschreiber war dann auch da, vielleicht ja sogar als Ballkönig. Ich hatte also gute Gründe mir das Ganze vielleicht doch noch mal zu überlegen... Und ich überlegte, die ganzen letzten Schulstunden lang. Auf dem Nachhauseweg hatte ich einen Entschluss gefasst, egal wie fürchterlich ich Bälle fand, der Winterball würde nicht ohne mich stattfinden!

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